ABC-Etüden-IM-III – George Donner


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* 7.3.1784  + März 1847

Hinweis: die nachfolgende Geschichte und verlinkte Videos enthalten Hinweise und Szenen von KANNIBALISMUS. Bei entsprechender Gefährdung BITTE NICHT WEITERLESEN!

Der erste große Trail der vom Osten der USA nach Westen an den Pazifik führte,vom Missouri über Fort Laramie, Fort Bridger und Fort Hall nach Sacramento in Kalifornien: der California Trail.  Die Geschichte schreibt Jedediah Smith und Joseph Walker die Erforschung der Route in den Jahren 1833/34 zu. Seitdem wurde er in großem Umfang von den Siedlern benutzt, die den Westen besiedeln wollten.

Im Jahre 1846 wurde unter der Führung von George Donner ein  Treck von 87 Siedlern der Donner-Reed Party zusammen gestellt. Ziel: Kalifornien. Aber nur 48 Siedler erreichten den ersehnten Westen, manche nur dank Kannibalismus.

Normalerweise war der Starttermin für die Trecks gleich nach dem Frühjahr, also spätestens Ende April. Damit war gewährleistet, dass während der ersten Monate die Versorgung der Pferde mit Gras gesichert war und man noch vor Wintereinbruch die Sierra Nevada überqueren konnte. Die sog. Donner-Party startete jedoch sehr spät, d.h. erst am 12. Mai. Man wusste, dass man in Zeitverzug war und hoffte, die verlorene Zeit durch die Umgehung des Great Salt Lakes von Süden, einer bisher unerforschten Abkürzung, wett zu machen, statt die von den anderen Trecks eingeschlagene Nordroute über Idaho zu nehmen.

Es kam, wie es kommen musste: die Hastings-Abkürzung war noch niemals mit Planwagen befahren worden, man musste sich die Wege z.T. freiroden und verdurstete fast bei der 5-tägigen Überquerung der Salzwüste. Dadurch verlor man weitere  vier Wochen. Anfang November  erreichten die Siedler dann den Fuß der Sierra Nevada und wurden unverhofft von einem viel zu früh einsetzenden Winter überrascht. Keiner der Pässe war in dem meterhohen Schnee mehr passierbar. Man war gezwungen, sich an den Trucky Lake zurück zu ziehen, um dort den Winter auszuharren. Ein Großteil der Vorräte und Ausrüstung war bereits auf dem Hastings Cutoff verloren gegangen. So dauerte es nicht lange, bis einige von ihnen vom Hungertod bedroht waren. Man schlachtete die Pferde und auch Hunde, um sich am Leben zu erhalten.

Eine Gruppe von 15 der stärksten Männer machte sich am 16. Dezember 1846 auf, Hilfe zu holen. Aber bereits nach ein paar Tagen Kampf mit der Eiswüste ließen die Kräfte nach. Sie berieten, dass man auslosen sollte, wer in einem Schussduell sterben sollte, damit man dessen Überreste dann zum Überleben verzehren könnte. Zwei mitgereiste Indianer gerieten schnell in Verdacht, sie würden das restliche Team umbringen. Sie wurden erschossen und anschließend verzehrt.

Auch in der Gruppe der Zurückgebliebenen wurde das Muskelfleisch Verstorbener am Feuer geröstet und anschließend verzehrt.

Von der ausgesandten Rettungstruppe erreichten lediglich 7 Mann eine Ranch in Kalifornien und organisierten Bergungstrupps, die allerdings erst im Februar 1847 – also 5 Monate, nachdem die Donner-Party in der Sierra Nevada fest saß – den Lagerplatz erreichten. Die Rettung dauerte insgesamt zweieinhalb Monate, da etliche der Überlebenden nicht transportfähig waren.

Die Donner-Party ging in die Geschichtsbücher als die größte Westwanderertragödie der USA ein, auch weil es  bei dem strengen Winter 1846/47 zu Kannibalismus kam.

 


Überlebende und Mitbegründer der Donner-Reed-Party: das Ehepaar Reed

Für weitere Informationen:

Trail of Tragedy

https://youtu.be/WgKSvkLngXI

und mit TRIGGER-WARNUNG: Kannibalistische Szenen!!

Donner Pass clip – 1846 – George Donner Attacks

https://youtu.be/9v1IhHGHwsU

14 Comments

    1. Hallo Katha, 48 Siedler haben insgesamt überlebt. (Je nach Bericht werden allerdings Zahlen zwischen 41 und 48 genannt). Die 7 waren die von dem 15-köpfigen Voraustrupp, die sind in den 48 mit enthalten.

      Wie das Leben der Geretteten weiter ging, dazu weiß ich nichts Genaues. Mir geht es bei diesen Zusatzbeträgen aber auch in erster Linie um die Größen und den Sinn, also den Größenwahnsinn in der Siedlerzeit und Eroberung Nordamerikas durch die Weißen und warum sie vielleicht in großen Teilen immer noch davon beeinflusst sind.

      Gruß aus dem glühenden Hessen.

  1. Tragödie, ja. Auch wenn du das in relativ dürren Worten schilderst, setzt das Kopfkino ein. Keine schöne Sache.
    Ich denke den ganzen Nachmittag schon über Tabus nach. Und ob die Überlebenden ihres Lebens noch froh werden konnten, oder ob da die Verdrängung eintrat.
    Liebe Grüße
    Christiane, nachdenklich 🤔

    1. Das ist immer eine Sache der eigenen Empfindsamkeit und Fähigkeit zu verarbeiten bzw verdrängen, oder ? – manche Menschen waren als Soldaten im Krieg und bleiben ein Leben lang traumatisiert und anderen merkt man es nicht an und niemand käme auf den Gedanken, daß dieser oder jener bewußt Menschen getötet hat und von diesem Umstand unbeeindruckt sein Leben lebt…

      1. Ja, genau. Nun hängt das mit Sicherheit von sehr vielen Faktoren ab, ob/wie man es verarbeitet oder verdrängt, sowohl von persönlichen wie auch von äußerlichen, und speziell der Kampf ums Überleben dürfte es leichter machen / gemacht haben …

        1. Ich glaube, ‚es‘ entscheidet dann – ich, als schon immer 90% Vegetarier und Tierliebhaber, der auch auf die Ameisen in seinem Weg achtet und nur Stechmücken und Motten schonungslos verfolgt, habe mir schon kleine Vögel, die kaum etwas anderes als ein bißchen faseriges Fleisch hergaben, über offenem Feuer gegrillt, an Ringelnattern war mehr dran… spätestens nach dem 2. Zuckersturz übernimmt der Selbsterhaltungstrieb bei den Meisten. Ich vermute daher, daß ethische Fragen erst eine zeitlang nach der Errettung vor dem Hungertod auftauchen (oder auch nicht), wenn man zu den Kannibalen und nicht zu den Gefressenen gehört – in „die Entdeckung der Langsamkeit“ wird Ähnliches über das menschliche Verhalten berichtet.
          Kosmisch besehen, ist es meiner Meinung nach egal, welche Art von Fleisch das Überleben in Notzeiten sichert – Schweinefleisch fressen wir doch auch liebend gern, obwohl es uns vom Aufbau her näher steht, als jenes von Affen … 😉

          1. Die haben sich ja auch langsam rangetastet: erst die Pferde, dann die Hunde, dann die Indianer und dann die eigenen Parteifreunde. Diese Reihenfolge hat sich ja durchaus bis heute bewährt.

    2. Ja, dürre Worte waren eher angebracht, denn das Grauen war ja noch schlimmer.
      Es gab insgesamt drei Rettungsmannschaften. Die zweite würde bei der Rückkehr mit „ihren“ Geretteten von einem Sturm überrascht, musste einige Erschöpfte zurück lassen.
      Als die 3. Mannschaft diese ein paar Tage später wieder fand, waren weitere Gestorbene nur noch zum Teil da.
      Man kann das ganze Ausmaß und auch die persönlichen Folgen gar nicht richtig in Worte fassen.

      Gruß zurück
      Werner

      1. Wir wissen zu wenig darüber, wie diese Menschen damals geistig und geistlich aufgestellt waren, um einschätzen zu können, wie sie damit umgegangen sind.
        Ich stelle mir das nicht leicht vor.

  2. Spannende Geschichte!

    Ich erinnere mich auch an ein Fernsehspiel, wohl in den 60ern: Da ging es um ein Floß und auch da wurde beratschlagt, was zu tun sei. Vielleicht wurde dieses Thema duch die Donner-Geschichte befeuert, wer weiß?!

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