„Schau mal Walter, wie schöööööön und wie wertvoll. Und das Stück hat Geschichte!“
„Ach, Agathe: antike Salatschüssel hin, antike Salatschüssel her! Und ob Julius Cäsar daraus seinen Rapunzel-Salat gegessen hat oder nicht, wen interessiert das!“ kam prompt die Antwort ihres Begleiters. „Die Erwartung liegt bei 160.000 Euro! Das ist viel zu viel! Da übernehmen wir uns total!“
Sie blieb stumm, berechnend stumm. Sie wollte, musste Zeit gewinnen, denn sie ahnte, dass er am Ende doch anbeißen würde – wie immer.
„Aber wir könnten dieses einmalige Stück doch weiter verkaufen, nach einem Jahr oder so.“, sagte sie kaum hörbar vor sich hin.
„Ludwig dem XIV. hättest du das Schälchen verkaufen können, oder dem GröFaZ, aber die leben ja nicht mehr. Die hätten sich damit fein raus geputzt, weil sie sich für genauso groß und wichtig gehalten haben wie dieser Julius! Aber heutzutage?“ fragte er siegessicher. „Berlusconi vielleicht?“ warf sie schnell ein. „Der hat Geld und wenn er mit seinen halbseidigen Vasallen*innen seine pompösen Feste feiert, stünde Cäsars Schüssel ihm gut zu Gesicht.“
Er stützte sich auf den goldenen Knauf seines Spazierstockes, den er aus uraltem Familienbesitz geerbt hatte und räusperte sich. „Hm. Darüber könnte man nachdenken.“ „Aber denk nicht so lange, Liebster!“ flötete sie, „sonst ist das Ding vielleicht schon weg!“ Er merkte sich unauffällig die Nummer, unter welcher die Antiquität gelistet war. Und ein Blick in das Auktionsverzeichnis bestätigte ihm, dass eine Expertise den Ursprung Ägypten auswies. „Ach, hätte Onkel Balthasar das mitbekommen!“ murmelte er. „Der alte Ägyptologe. Er hat sich immer dagegen gesträubt, dass Kulturschätze des Orients Opfer der Besatzer und Kunsträuber wurden.“
In Gedanken versunken hörte er den Aufruf: „Objekt 39! Bitte bieten Sie!“
Walter eröffnete mit 80.000 Euro. Es wurde ein langer Wettstreit.
Agathe lobte ihren Gatten: „Wie du das immer wieder hin bekommst, Walter! Ich bewundere dich!“
(300 Worte)
Bildquelle: pixabay.de
o, toll! Salatschüsseln scheinen ja mehr Geschichte in sich zu bergen als Salat!
160.000? Hosenknöpfe? Mein lieber Schwan!
Hübsches Teil, wenn auch nicht ägyptisch. Aber hör mal, da würde ich doch keinen Besuch einladen, als Privatmensch, da hätte ich doch Angst, dass das Teil Beine bekommt …
(Was für eine Vorlage … hrm, hrm.)
Liebe Grüße
Christiane, nachdenklich
Ich glaube ja, dass Leute, die sich so etwas leisten können, sich über Beine an solchen Schlüssel keine Sorgen zu machen brauchen. Wir haben noch welche die darauf aufpassen 🙂
Boah, ganz schön happig, da würde mir jedes Salatblatt einzeln steckenbleiben, aber toll geschrieben, lieber Werner! 🙂
Danke Dir! Die einen essen mit Blattgold ummantelte Steaks, die anderen begnügen sich mit einer antiken Schüssel. 🎃
Ich rätsle wie der Spaziergang mit dem Hund dich da inspiriert hat 🙂
Weisst Du, dass ist weniger der Hund, als dass man einfach seinen Gedanken freien Lauf lassen kann, wenn man hinter dem Hund hertrottet. So ganz gedankenverloren. Und dann fliegt einem meistens etwas zu. Handy raus, Diktier-App an und schon ist die halbe Miete drin.
Ich biete mit. Meine Frau freut sich doch immer über sowas. Kann ich in Raten zahlen?
Okay, sogar zinslos!